Hierzu wurde im Vorfeld vom Berliner FBT-Team im ersten Schritt eine Analyse bereits publizierter, internationaler Daten durchgeführt [Haas et al., 2022]. Diese Studie deutete darauf hin, dass die FBT bei Kindern und Jugendlichen mit AN ähnlich gute Ergebnisse bei der Gewichtszunahme erzielen könnte wie eine stationäre Behandlung – und das mit deutlich weniger und kürzeren Krankenhausaufenthalten. Allerdings ist diese Analyse nicht direkt auf das deutsche Gesundheitssystem übertragbar, da es Unterschiede in den untersuchten Gruppen in den unterschiedlichen Ländern gab, wie etwa Alter, Ausgangsgewicht oder Schwere der Erkrankung.
Im 2. Schritt folgte ein Vergleich von Routine-Behandlungsdaten aus Berlin (SMT-Gruppe) und den USA (FBT-Gruppe) [Nadler et al., 2022]. Nach Anpassung der Daten für Unterschiede wie das Alter und das Ausgangsgewicht war der Gewichtsanstieg in beiden Gruppen vergleichbar. Allerdings verbrachten die Patient:innen in der FBT-Gruppe viel weniger Zeit im Krankenhaus (durchschnittlich 3 Tage im Vergleich zu 121 Tagen in der SMT-Gruppe). Diese Ergebnisse sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da die Stichproben klein waren und einige wichtige Daten fehlten, z. B. zu Gedanken und Handlungen, die eine AN ausmachen und aufrechterhalten, zur psychischen Belastung durch die Essstörung, und die stationären Behandlungsdauer war nicht für alle Patient:innen aus der FBT-Gruppe bekannt.
Daraufhin wurde an der Charité in Berlin eine Pilotstudie zur FBT durchgeführt [Haas et al., 2024]. Dabei wurden 31 Patient:innen, bei denen eigentlich eine stationäre Behandlung nötig gewesen wäre, von speziell ausgebildeten FBT-Therapeut:innen betreut. Diese Gruppe wurde mit einer vergleichbaren Gruppe aus der SMT an der Charité in Berlin verglichen. Das Ergebnis: Beide Gruppen zeigten eine ähnliche Verbesserung bei Gewicht und essstörungsspezifischen Symptomen und Problemen. Dennoch war die Krankenhauszeit in der FBT-Gruppe deutlich kürzer (im Median 1 Tag im Vergleich zu 121 Tagen in der SMT-Gruppe). Die Zahl der teilnehmenden Familien war mit 31 pro Gruppe jedoch klein und die Studie erfolgte nur an einem Zentrum. Darüber hinaus hatte keine Randomisierung (d.h. keine zufällige Zuteilung der Therapieform) stattgefunden, was die Aussagekraft dieser Pilotstudie deutlich einschränkt.
Die FIAT-Studie, die mit einem der Pilotstudie ähnlichen, aber methodologisch hochwertigerem und damit auch belastbareren Design und einer um das Vielfache größeren Patientengruppe durchgeführt wird, ist darauf angelegt, die zugrundeliegende Fragestellung an einer größeren Zahl von Familien und in weiteren Kliniken zu untersuchen: kann eine FBTSCM bei einer signifikanten Anzahl von Betroffenen ähnlich gut helfen wie die SMT? Gleichzeitig wird durch die an der FIAT-Studie teilnehmenden Therapeut:innen der Pool an in FBT geschultem Personal für eine weitere Behandlung von Patient:innen mit einer AN auch über das Studienende hinweg deutlich erweitert.